Dies ist (nach den „Anfangsgedanken“) meine zweite Arbeit, die sich mit dem Originaltext der Bibel befaßt, und es geht darin um ein neues Verständnis der ersten fünf Verse des 24. Kapitels der Rolle Dworim, das ist „das fünfte Buch Moses“, auch genannt „Deuteronomium“. Die Beziehung von Mann und Frau und die Frage der Scheidung werden aus dem Licht der Wörter und Zeichen betrachtet.
Leseprobe:
Darum heißt es jetzt weiter: Ussneah ha´Isch ha´Acharon - "und es haßt sie der Andere Mann" - und scheinbar unvermittelt ist hier der Haß aufgetreten. Aber wir haben eine Kleinigkeit übersehen, denn wo es in der Übersetzung zweimal der "Andere" heißt, da stehen im Original zwei zwar verwandte und doch verschiedene Wörter, nämlich Acher (1-8-200) und Acharon (1-8-200-6-50). Der "Andere" hat also jetzt die 56 hinzu bekommen, das Produkt von Sieben und Acht, und unverbrüchlich ist darin die Verbindung der beiden, der Alten und der Kommenden Welt. Acharon ist auch der "Letzte", und so ist aus dem "anderen Mann" hier schon der "letzte Mann" geworden, der überhaupt sein kann. Wodurch aber hat sie sich seinen Haß zugezogen? Ha´Isch ha´Acharon (5-1-10-300/ 5-1-8-200-6-50), "der letzte Mann", das ist auch der "künftige Mann", und zweimal steht hier das Heh, das Zeichen der Fünf und vor einem Wort der bestimmte Artikel, also ein ganz Bestimmter ist dieser Mann, und seine Zahl ist die 586, die Zahl von Schofar (300-6-80-200), dem "Widderhorn", und von Jeruschalajim (10-200-6-300-30-40), der Stadt, die "Seinen Entwurf des Friedens" bedeutet. So könnte sein Haß daher rühren, daß sie sich im Hinblick auf ihn noch immer im Zustand einer Besessenen befindet.
Und nun wiederholt sich der Ablauf wortwörtlich: Wechathaw lah Ssefär Kerithuth wenathan be´Jadah weschilchah miBejitho - "und er schreibt ihr den Scheidungsbrief und giebt ihn in ihre Hand und schickt sie aus seinem Haus" - und dies wiederholt sich endlos solange, bis der Sinn dieses Hasses begriffen wird. Darum hören wir die Rede Jesu bezüglich des Hasses: Eji tis erchetai pros me kai u miseji ton Patera heautu kai tän Mätera kai tän Gynaika kai ta Tekna kai tus Adelphus kai tus Adelphas eti tä kai tän Psychän heautu, u dynatai ejinai mu Mathätäs - "Wenn jemand zu mir kommt und nicht haßt seinen eigenen Vater und seine Mutter und seine Frau und seine Kinder und seine Brüder und seine Schwestern und sogar seine eigene Seele, der kann mein Schüler nicht sein" (Luk. 14,26), das heißt: der kann nichts von mir lernen. Denn dieser Haß offenbart immer aufs Neue, daß die geliebten Eltern, die geliebte Frau, die geliebten Kinder und die geliebten Geschwister selbst im umfassendsten Sinn und erst recht nicht die eigene Seele hinreichen können an die Lehre des Menschen-Sohnes, der ja durch diese alle hindurch kommen will.
Und darum hören wir weiter: Makarioi hoi Ptochoi, hoti hymetera estin hä Basileja tu The´u, Makarioi hoi Pejinontes nyn hoti chortasthäsesthä, Makarioi hoi Klaiontes nyn, hoti gelasete. Makarioi este hotan misäsosin hymas hoi Anthropoi kai hotan aphorisosin hymas kai onejidisosin kai ekbalosin to Onoma hymon hos ponäron henekan tu Hyiu tu Anthropu - "Seelig die Armen, denn euer ist das Königreich Gottes, seelig die ihr jetzt hungert, denn ihr werdet gesättigt, seelig die ihr jetzt weint, denn ihr werdet lachen. Seelig seid ihr, wenn euch hassen die Menschen und wenn sie euch ausschließen und schmähen und euren Namen als böse verbannen um des Menschen-Sohns willen" (Luk. 6,22). Und er fügt dem noch hinzu: Charäte en ekejinä tä Hämera kai skirtäsate, idu gar ho Misthos hymon polys en to Urano, kata gar epoiun tois Profätais hoi Pateres auton - "Freut euch an jenem Tage und tanzt, denn siehe! vielfältig ist euer Lohn in dem Himmel; denn genauso taten ihre Väter den Profeten." Und schließlich noch dies: Agapate tus Echthrus hymon, Kalos poiejite tois Misusin hymas - "Liebet eure Feinde, tut den euch Hassenden wohl!" (Luk. 6.27)."
So ist der Acharon, dieser "Letzte" und "Künftige" auch, kein gewöhnlicher Mann, genauso wenig wie dieser Haß ein gewöhnlicher ist, denn es ist uns gesagt worden: Schma elaj Ja´akow we´Issrael mekoraj Ani Hu Ani Rischon af Ani Acharon - "Höre auf mich Ja´akow und begegne mir Issrael: Ich bin Er, Ich bin der Erste und auch noch der Letzte bin Ich" (Jes. 48,12). Und während es dem Weibe oder der menschlichen Seele so erscheint, als habe sie es mit verschiedenen Männern zu tun, ist es doch immer derselbe...
Dies ist ein Schmankerl, eine Zugabe, ein Gelegenheitswerk, ein Kaschperl-Theater. Neben dem Kaschperl mit seiner Gretel treten noch auf: der König und seine Tochter Amalia, Barthel, der verschwundene Prinz, ein Polizist und ein Richter, der Oberhofmagier und der Teufel, sowie eine Großmutter und ein Krokodil.
Leseprobe:
ERSTER AKT
Erste Szene
(König, Richter und Polizist in erregter Debatte; der Teufel, für sie unsichtbar, entweder im Abseits oder so zwischen ihnen herumturnend, daß er quasi nur negativ von ihnen beachtet wird, indem sie ihm immer den Rücken zuwenden.)
KÖNIG: Soll das im Ernst heißen, daß ihr ihn nirgends finden könnt? Soll das meine hochwohlberühmte und weltbedeutende Ordnungsmacht sein, die so schmählich versagt undmich dem Gespött der Länder preisgiebt? Ich erkenn sie nicht mehr und muß mir wohl oder übel ein neues Reich suchen, da das alte schon nichts mehr ist!
RICHTER: Aber mein Herr, o König! untertänigst fleh ich euch an, uns nicht so fort zu verstoßen, wenn auch jetzt noch nicht klar ist, wie wir aus dieser Schlinge entkommen, doch laßt uns noch einmal kapitulieren! (Zum Polizisten): Rekapitulier er!
POLIZIST: Gehorsamster Diener! Als wir in obgemeldeter Sache vernahmen, daß der Prinzessin -
KÖNIG (ihn unterbrechend): Oh meine Tochter! Wer wird dir dein vormaliges Glück wieder schenken und dich aus dieser vermaledeiten Schoose herausziehn?
POLIZIST: Mit Verlaub, ich fahre fort (will sich entfernen).
RICHTER: Hiergeblieben! (packt ihn am Schlawittchen).
POLIZIST: Danke, sehr aufmerksam! Daß also der Prinzessin allerletztester Freier, der tausendundeinste, der, nachdem schon der Tausende Köpfe gerollt, als Einziger ihre verzwickten Rätsel gelöst und all ihre unmöglichen Aufgaben bestanden hatte -
TEUFEL: Hihihi, die hab ich ihr alle in neunmalneun Neumondnächten ins hübsche Öhrlein geflüstert -
POLIZIST (zum König): Wie vermeinten eure Hoheit soeben ebenso richtig wie wichtig?
KÖNIG: Nicht daß ich wüßte - irgendwas, geschweige denn zu denken gedachte. So komm er doch endlich zur Sache!
POLIZIST (etwas verwirrt): Welcher Sache?
RICHTER (mit Nachdruck): Der fremde Prinz, der zukünftige Gemahl unserer allseits so hochverehrten Prinzessin, unser Neuer Fürst, ist verschwunden, ohne daß wir ihn noch kannten, nicht einmal sein Name ist uns vertraut.
POLIZIST: Was das betrifft, so kann ich allerdings sagen, daß unsere Spionage-Abteilung noch einwandfrei funktioniert: als nämlich besagtes Subjekt, Verzeihung, pardon, vielmals um Vergebung, unser Neuer Fürst, endlich das Herz der Viel-Verschmähten, pardon! (zu sich
selber): Was ist nur mit meinem Kopf los? (Er kratzt sich denselben.)
TEUFEL: Das ist die Laus, die ich ihm in seinen Amtspelz gesetzt hab, hähähä!
RICHTER: Reiß er sich endlich zusammen!
POLIZIST: Zu Befehl! (Er reißt sich zusammen.) Also nachdem dieser nunmehr Verschwundene der viel verehrten Prinzessin ihr Herzlein zum Steine-Erweichen plattgeklopft hatte, drückte er das seinige so an ihr nämliches, daß sie fast ineinander zerschmolzen, wenn nicht, ja wenn nicht! unser altbewährter Spezialagent für delikate Angelegenheiten, diesmal in Gestalt einer winzigen Wanze, sich dazwischen gedrängt hätte, und unter Einsatz seines zarten Leibchens das geheime Bumpern der gegenseitigen Zentralorgane mithilfe seines Senso-Detektors erfolgreich dekoriert, ich mein dekodiert und verschusselt hätte, ent-schüsselt natürlich, Verzeihung, entschlüsselt - und so zur allgemeinen Verwunderung herausbekam: daß die Prinzessin - Amalia heißt!
KÖNIG (jetzt ernstlich böse): Aber so hab ich sie doch selber genannt seit frühester Zeit! Was soll dieser Unsinn? Will er sich über mich lustig machen? Diese Lust soll ihm alsbald vergehen!
POLIZIST (mit dem Kopf auf der Erde): So trenne euer Majestät dieses unwürdige Haupt von seinem noch unwürdigeren Gegenspieler, dem Rumpfe, und ich bin gerne bereit, euch zu vermelden, daß des Prinzen Namen Bartholomäus ist.
RICHTER: Aber warum hat er uns das denn nicht früher verkältet, äh, verkannt, ich meine: kund und zu wissen vertan?
POLIZIST (zum Richter): Nun, ich war der Meinung, vielmehr meinte ich sogar sehr ganz genau, daß in einer solch hochnotpeinlichen Affär der Geheimhaltung oberste Schranken nie hoch genug sein könnten - wie ihr mir selbsten zu verstehen beliebtet - und so hab ichs auch vor meiner eignen Person aufs sorgfältigste verheimlicht, daß es eben gerade erst, in der Stunde meiner tiefsten Beschämung, nur so aus mir herauspurzelte.
KÖNIG UND RICHTER: Was? Wo? Wie?
POLIZIST: Der Name! Ja! der nämliche Name, wie ichs schon sagte, so sag ichs wieder und wieder: Bar-Tholl-O-Mä-Us, Bar-Tholl-O-Mä-Us!
DER KÖNIG (will etwas sagen, bringt aber nur Seufzer und Stammler und unartikulierte Laute heraus, so daß der Richter nach einer Weile einspringt.)
RICHTER: Nun, das eröffnet natürlich zwangsläufig völlig neue Prospekte und Spekulationen, und wir werden noch sehr genau merken, wohin uns das führt, falls wir andernfalls überhaupt noch irgendwas zu bemerken verstatten. Und so erlaube ich mir die Bemerkung, daß wir nunmehr erneut alle Geschwader vom Stapel entlassen können müßten würden sollen, um den von der Erde Verschlungnen notfalls beim Holen des Mostes doch noch zu fassen zu kriegen vermögen.
KÖNIG (nach erneutem Seufzen und Stammmeln): So sei es! Sei es so oder auch so!
(Alle drei ab.)
Dies ist mein erster Versuch im Reiche der Lyrik, der mir half zur Bewältigung meiner bis dahin schlimmsten Krisis und tiefsten Verwandlung
Leseprobe:
Regina noctis
Du bist vertraut mit den Ogern und Katzen,
Mit den Nattern und Eulen spielst du, kennst ihre Weisen,
Und der Verirrte betet dich an.
Du lockst in Tiefen den Taumel der dreimal Berauschten,
Und was zählt ist dein Lohn, aber unzählbar
Beschenkst du mit Gunst den Trauer-Umflorten.
Aus dem Naß deiner Waschung steigt der Flüchtige auf
Und begiebt sich an seinen Ort.
Aus der kalten Inbrunst deiner Umarmung
Wird dem Empörten die Seele besänftigt,
Und in der eisigen Glut deiner Hand
Zuckt die tödliche Schlange ihr Gift aus.
In dir beruhigt sich der Unteren wundester Punkt,
Und die auf Rache sannen beschämst du,
Der Ankläger Blick muß sich senken, wo dein Auge ihn trifft,
Und sein Herz wird zu Fleisch, sogar der Stein
Ist Gefallen wie ein Stern in der Nacht.
O Königin, menschlichste unter den Göttern,
Was kann ich dir sein?
Welchen Verzicht darf ich opfern, daß dir ein Lächeln entschlüpft?
Oder liebst du die Kühnheit der albernen Männer?
Dann sei ein niemals Gewesenes unsere Wonne!
Traust dus mir zu, deinem noch nicht Bekannten,
Doch von irgendwoher schon in der Freude Gesonnten,
Deiner Huld segnende Gaben und Tritte zu spüren?
Boden unter den Füßen und Himmel den Händen
Und umwallender Lufthauch dem Leib,
Der dahin stirbt, wo er will, während wir
Weben am Gewand der Wandlungen
Durch alles Fremde hindurch.
Dämmert dir irgend Erinnerung auf
Und wird dir der Sinn leicht
Und deine Stirm klar, dann versuch mich!
Wenn aber nicht, so sei Vergessen um uns -
Doch in innerster Gnade Gedanke bleibt unser.
Fortsetzung des vorigen Bandes mit autobiografischen Zügen, die das zerbrochene Gefäß meiner „Persönlichkeit“ zeigen
Leseprobe:
Voces intimae
Du mußt wissen, mein Schatz, ich bin dir gewogen,
Ohne Ausdauer nicht, wie manche der Dirnen,
Doch ohne Bedauern.
Auch wenn du so oft schon gebrochen den Eid
Und immer mich wieder verkennst.
Auch ich bin dir hold, du Unholder,
Der du mich nie hältst, wie du es versprochen,
Wenn du mich letzt. Trotzdem bin ich der deine,
Denn unter dem Fuß dir in richtiger Dosis
Wälz ich mich gerne, geformt von dem passenden Druck.
Auch ich als die Dritte, dein Schräublein,
Zur Unzeit gelockert, helf ich dir doch in den Pannen,
Im Unglück fange ich dich,
Selbst mißachtet erspar ich dir vieles,
Was du nicht geahnt.
So klingen noch viele der Stimmen, alle
Vereint dir im Guten, auch wenn es dir böse erscheint,
Da du strauchelst und fällst, aber wohin
Wolltest du dich überheben!
Und trittst noch auf uns herum, Unbewußter!
Wir verzeihen dir gern, wenn du nur ausharrst,
Um deiner Stunde würdig zu werden,
Dem Moment, in welchem keiner außer dir das Notwendige bringt.
Drum sei gefaßt, dir ist vieles erlaubt,
Doch nur für dies Eine, vergiß es nie
Dieses Eine, für das du geboren:
Dich so zu gebärden, wie es keiner erwartet,
Aber alle heimlich erhofft, daß dies möglich sei
Unter all den Schikanen, daß dies zündet die Schnur:
Sprengstoff dem Werdenden, das befangen in sich, sollst du sein!