Diesen ersten Band aus der Reihe habe ich „Thodah laLilith“ genannt, „Bekenntnis zu Lilith“ - der Vielge-schmähten. Es ist eine Exegese des Textes, wo ihr Name zum einzigen Mal in der Bibel auftaucht, des 34. Kapitels Jeschajahu (Jesaja), und äußerst überraschend begegnet sie uns da – als Meisterin der „Liebeskunst“ (Ars amandi).

 

Leseprobe:

 

    In der Legende ist sie die erste Gefährtin des Adam und genauso wie er aus Lehm geformt und vom Odem der Götter beseelt. Ebenbürtig ist sie, und so betreiben sie ihren „Verkehr“ auch auf verschiedene Weise: sie vornübergebeugt auf allen Vieren und er von hinten sie nehmend wie die meisten der Tiere, sie reitend auf seinen Schenkeln im Sitzen wie die Kali auf Schiwa, sich küssend dabei gegenseitig, und zuweilen liegt er auch auf ihr, aber nicht allzu schwer darf er sich dabei machen. Eines Tages kam Adam auf die verrückte Idee, es nur noch in dieser Stellung zu wollen, und sie heißt die „Missionarsstellung“ bis heute, weil Missionare im Gefolge der Eroberer den unterworfenen Völkern der Erde empfahlen, den Coitus nur noch so auszuüben, alles andere sei „tierisch“. Der Mann sei der Frau überlegen, und das habe sich auch im Geschlechtsakt zu erweisen. Lilith war damit nicht einverstanden, und sie versuchte, dem Adam seine fixe Idee auszureden, aber der mochte nicht hören, wenn sie ihn an die lustvollen Variationen gemahnte, er stellte sich taub und wiederholte nur immer wieder: „Ich bin dein Herr, du bist meine Magd, und das hat sich in der fortan einzig möglichen Stellung zu zeigen.“ Sie sagte nichts mehr und hoffte heimlich, er würde sich beruhigen, wenn er sie stumm und abgewandt sähe, und sich ihr wieder freundlicher nähern. Doch sie wurde enttäuscht, denn nun kam er mit Gewalt über sie, warf sie zu Boden und wollte sie penetrieren ohne ihre Bereitschaft! Da schrie sie so laut auf, daß es noch gellte im äußersten Himmel und Luft und Erde erbebten, den unaussprechlichen Namen des Höchsten stieß sie heraus und entzog sich dem Zugriff des hilflos gewordenen Adam. Ihre Schwingen breitet sie aus und erhebt sich nach oben, sie fliegt davon – weit weg bis zum Jam-Ssuf, das oft fälschlicherweise „Schilf- oder Rotes Meer“ genannt wird, obwohl es in Wahrheit das „Meer des Endes“ und auch das „Schwellen-Meer“ ist.

    Dort ließ sie sich nieder und wurde zum Fisch, zu einem Wesen der Wasser, als Bewohnerin der tiefsten Gründe lebte sie da und verlustierte sich mit den gailen Dämonen der Gegend auf vielerlei Art. Adam aber war einsam und beschwerte sich beim „Herrn“, als dessen Stellvertreter auf Erden er sich sah, indem er zu ihm sagte: „Die Frau, die Du mir gabst, ist mir davon gelaufen, bring sie zurück!“ Und er rechnete mit Unterstützung, denn indirekt hat er damit gesagt: „Die Welt, die Du erschufst, ist Dir entglitten, sie macht was sie will und verhöhnt dich, bring sie zur Räsong und beweise, daß sie dir untertan ist!“ Gemäß der Fabel gehorcht der „Herr“ dem Adam und sendet der Lilith drei Racheengel als Verfolger nach, die sie zurückbringen sollen. Einschüchtern läßt sie sich nicht, und als sie auf gezielte Nachfrage hört, daß ihr Ex-Mann noch immer auf seiner Missionarsstellung besteht, verweigert sie kategorisch die Rückkehr zu ihm. Die „Engel“ drohen ihr für den Fall der Hartnäckigkeit mit der Strafe, daß täglich dann Einhundert Söhne von ihr dem Tod anheimfallen würden. Aber auch das beeindruckt sie nicht, denn sie sagt: „Als Kindermörderin bin ich sowieso schon verschrieen, aber der wirkliche ´Herr´, das Wesen des Seins, hat mir zugesichert: Vielfältiger und zahlreicher sind meine Söhne als die Söhne der Frau, die sich im Besitz des Mannes befindet, der besessenen Gattin, die nur kastrierte Heuchler hervorbringt. Und ich jauchze schon jetzt, da ich täglich zehntausend Mal zehntausend Söhne gebäre!“

 

 

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