Dies ist ein Schmankerl, eine Zugabe, ein Gelegenheitswerk, ein Kaschperl-Theater. Neben dem Kaschperl mit seiner Gretel treten noch auf: der König und seine Tochter Amalia, Barthel, der verschwundene Prinz, ein Polizist und ein Richter, der Oberhofmagier und der Teufel, sowie eine Großmutter und ein Krokodil.
Leseprobe:
ERSTER AKT
Erste Szene
(König, Richter und Polizist in erregter Debatte; der Teufel, für sie unsichtbar, entweder im Abseits oder so zwischen ihnen herumturnend, daß er quasi nur negativ von ihnen beachtet wird, indem sie ihm immer den Rücken zuwenden.)
KÖNIG: Soll das im Ernst heißen, daß ihr ihn nirgends finden könnt? Soll das meine hochwohlberühmte und weltbedeutende Ordnungsmacht sein, die so schmählich versagt undmich dem Gespött der Länder preisgiebt? Ich erkenn sie nicht mehr und muß mir wohl oder übel ein neues Reich suchen, da das alte schon nichts mehr ist!
RICHTER: Aber mein Herr, o König! untertänigst fleh ich euch an, uns nicht so fort zu verstoßen, wenn auch jetzt noch nicht klar ist, wie wir aus dieser Schlinge entkommen, doch laßt uns noch einmal kapitulieren! (Zum Polizisten): Rekapitulier er!
POLIZIST: Gehorsamster Diener! Als wir in obgemeldeter Sache vernahmen, daß der Prinzessin -
KÖNIG (ihn unterbrechend): Oh meine Tochter! Wer wird dir dein vormaliges Glück wieder schenken und dich aus dieser vermaledeiten Schoose herausziehn?
POLIZIST: Mit Verlaub, ich fahre fort (will sich entfernen).
RICHTER: Hiergeblieben! (packt ihn am Schlawittchen).
POLIZIST: Danke, sehr aufmerksam! Daß also der Prinzessin allerletztester Freier, der tausendundeinste, der, nachdem schon der Tausende Köpfe gerollt, als Einziger ihre verzwickten Rätsel gelöst und all ihre unmöglichen Aufgaben bestanden hatte -
TEUFEL: Hihihi, die hab ich ihr alle in neunmalneun Neumondnächten ins hübsche Öhrlein geflüstert -
POLIZIST (zum König): Wie vermeinten eure Hoheit soeben ebenso richtig wie wichtig?
KÖNIG: Nicht daß ich wüßte - irgendwas, geschweige denn zu denken gedachte. So komm er doch endlich zur Sache!
POLIZIST (etwas verwirrt): Welcher Sache?
RICHTER (mit Nachdruck): Der fremde Prinz, der zukünftige Gemahl unserer allseits so hochverehrten Prinzessin, unser Neuer Fürst, ist verschwunden, ohne daß wir ihn noch kannten, nicht einmal sein Name ist uns vertraut.
POLIZIST: Was das betrifft, so kann ich allerdings sagen, daß unsere Spionage-Abteilung noch einwandfrei funktioniert: als nämlich besagtes Subjekt, Verzeihung, pardon, vielmals um Vergebung, unser Neuer Fürst, endlich das Herz der Viel-Verschmähten, pardon! (zu sich
selber): Was ist nur mit meinem Kopf los? (Er kratzt sich denselben.)
TEUFEL: Das ist die Laus, die ich ihm in seinen Amtspelz gesetzt hab, hähähä!
RICHTER: Reiß er sich endlich zusammen!
POLIZIST: Zu Befehl! (Er reißt sich zusammen.) Also nachdem dieser nunmehr Verschwundene der viel verehrten Prinzessin ihr Herzlein zum Steine-Erweichen plattgeklopft hatte, drückte er das seinige so an ihr nämliches, daß sie fast ineinander zerschmolzen, wenn nicht, ja wenn nicht! unser altbewährter Spezialagent für delikate Angelegenheiten, diesmal in Gestalt einer winzigen Wanze, sich dazwischen gedrängt hätte, und unter Einsatz seines zarten Leibchens das geheime Bumpern der gegenseitigen Zentralorgane mithilfe seines Senso-Detektors erfolgreich dekoriert, ich mein dekodiert und verschusselt hätte, ent-schüsselt natürlich, Verzeihung, entschlüsselt - und so zur allgemeinen Verwunderung herausbekam: daß die Prinzessin - Amalia heißt!
KÖNIG (jetzt ernstlich böse): Aber so hab ich sie doch selber genannt seit frühester Zeit! Was soll dieser Unsinn? Will er sich über mich lustig machen? Diese Lust soll ihm alsbald vergehen!
POLIZIST (mit dem Kopf auf der Erde): So trenne euer Majestät dieses unwürdige Haupt von seinem noch unwürdigeren Gegenspieler, dem Rumpfe, und ich bin gerne bereit, euch zu vermelden, daß des Prinzen Namen Bartholomäus ist.
RICHTER: Aber warum hat er uns das denn nicht früher verkältet, äh, verkannt, ich meine: kund und zu wissen vertan?
POLIZIST (zum Richter): Nun, ich war der Meinung, vielmehr meinte ich sogar sehr ganz genau, daß in einer solch hochnotpeinlichen Affär der Geheimhaltung oberste Schranken nie hoch genug sein könnten - wie ihr mir selbsten zu verstehen beliebtet - und so hab ichs auch vor meiner eignen Person aufs sorgfältigste verheimlicht, daß es eben gerade erst, in der Stunde meiner tiefsten Beschämung, nur so aus mir herauspurzelte.
KÖNIG UND RICHTER: Was? Wo? Wie?
POLIZIST: Der Name! Ja! der nämliche Name, wie ichs schon sagte, so sag ichs wieder und wieder: Bar-Tholl-O-Mä-Us, Bar-Tholl-O-Mä-Us!
DER KÖNIG (will etwas sagen, bringt aber nur Seufzer und Stammler und unartikulierte Laute heraus, so daß der Richter nach einer Weile einspringt.)
RICHTER: Nun, das eröffnet natürlich zwangsläufig völlig neue Prospekte und Spekulationen, und wir werden noch sehr genau merken, wohin uns das führt, falls wir andernfalls überhaupt noch irgendwas zu bemerken verstatten. Und so erlaube ich mir die Bemerkung, daß wir nunmehr erneut alle Geschwader vom Stapel entlassen können müßten würden sollen, um den von der Erde Verschlungnen notfalls beim Holen des Mostes doch noch zu fassen zu kriegen vermögen.
KÖNIG (nach erneutem Seufzen und Stammmeln): So sei es! Sei es so oder auch so!
(Alle drei ab.)